Ich wurde am 11. Dezember 1922 in Zizers im Kanton Graubünden in der Schweiz geboren († 10. Juni 2019 in Esslingen am Neckar). Durch eine Augenoperation (Erkrankung am „Grauen Star“) bin ich bereits seit meinem 3. Lebensmonat erblindet und hatte nur noch einen kleinen Sehrest.
Aufgewachsen bin ich dann in Soest in Westfalen und dort besuchte ich auch die Blindenschule. Später wurde ich als Telefonist ausgebildet.
Im Jahr 1947 kam ich nach Esslingen, wo ich dann meine spätere Ehefrau – welche ebenfalls blind war – kennengelernt habe und bereits im November 1947 hatten wir Hochzeit. Zuerst war ich bei der Firma SIEMENS in Stuttgart tätig und dann erhielt ich im Jahr 1962 beim Finanzamt in Esslingen die Stelle als Telefonist in der Telefonzentrale, welche seinerzeit auch für das Amtsgericht, die Fachhochschule und das Gesundheitsamt zuständig war.
Diese Tätigkeit habe ich bis zu meinem Ruhestand im Jahr 1984 ausgeübt.
Mein Hobby ist seit jeher außer Musik – vor allem klassische Musik – auch das Lesen von Büchern, welche in Blindenschrift eine Menge Platz benötigen. Seit vielen Jahren fallen mir Gedichte und Verse ein, welche ich dann umgehend zu Papier bringe. Von diesen Gedichten möchte ich nun eine Auswahl der etwas Älteren sowie der Jüngsten hier vorstellen.
Geburt
Da meine Eltern in der Zeit des ersten Weltkrieges zu meinem Onkel Emil für längere Zeit in die Schweiz nach Zizers gezogen sind, wurde ich dort geboren.
Mein Onkel Emil, geb. 17.03.1885 in Lindau, gestorben am 04.11.1966 in Chur, er war Offizier der Heilsarmee und gründete aufgrund der sozialen Notlage von heimatlosen Kindern im Kanton Graubünden zusammen mit seiner Ehefrau Babette im Jahr 1916 ein Kinderheim in Felsberg.
Zu dieser Zeit gibt es keine einzige Institution um diesem Kinderelend zu begegnen. „Wie sollen wir weiter von Glaube, Hoffnung, Liebe predigen, wenn niemand sein Christenleben mit der Tat beweisen will“, beschreibt Emil Rupflin diese soziale Notlage, die auch zur eigenen inneren Not wird. Aus der Stille von Gott heraus wird Emil Rupflin zum sozial engagierten Bündner Heimpionier.
Da die Arbeit schnell expandierte, folgten später noch weitere Kinderheime in Graubünden und anderen Kantonen (z.B. Scharans, Trimmis, Zizers und Herisau).
Dieses Hilfswerk überlebte die schlechte Zeit deshalb, weil die Mitarbeiter nicht Lohn sondern nur ein Taschengeld bezogen haben. Dieser Emil Rupflin führte seinen Erfolg von über 5.000 aufgenommenen Kindern auf Gottes Beistand zurück, weshalb das Werk dann „Gotthilft-Werk“ genannt wurde. Die Zentralverwaltung befindet sich heute noch in Zizers.
Blindenerholungshaus
Im Dezember 1990 verstarb meine Ehefrau Lieselotte. Ab dieser Zeit habe ich dann durch meine Aufenthalte im Blindenerholungshaus in Bad Liebenzell, wo ich mich jährlich öfters aufhalte, viele Freunde kennengelernt, zu denen ich nun ständig Kontakt und somit etwas Abwechslung habe.
Unfall
Durch einen Unfall im Jahr 2003, ich wurde auf dem Gehweg von einem Auto angefahren, musste ich mich lange im Krankenhaus sowie in der Reha aufhalten. Nach meiner Heimkehr habe ich dann über Nacht festgestellt, dass mein seitheriger geringer Sehrest – hell und dunkel – nicht mehr da war. Nach einer anschließenden 3. Netzhautoperation im Jahr 2004 erkenne ich nun keine Umrisse von Gegenständen mehr, was mir bis zu diesem Zeitpunkt für die Bewegung im Haus und im Freien sehr hilfreich war.
Aus diesem Grund kann ich seither leider nicht mehr allein außer Haus gehen und bin somit immer auf fremde Hilfe angewiesen.
Pflegeheim
Seit August 2013 bin ich Heimbewohner des Altenpflegeheims Obertor in Esslingen.
„Sorgen muss ich hier nicht haben,
bekomm‘ ich doch an jedem Tag
die Medizin und meine Brötchen
und den Kaffee, den ich so mag.
Und auch die Hilfe, die ich brauche,
wird stets mir liebevoll gewährt
und die Veranstaltungspalette
das Angebot des Heims vermehrt.“